Die Große Theater-AG (1982 – 2007)
Gründung der Großen Theater-AG
Gut erinnert sich der Leiter der ersten, der „Großen“ Theater-AG, StD Manfred Sturm, an die Gründung.
Einige Schüler, darunter auch der mittlerweile als Förster und Autor bekannt gewordene Peter
Wohlleben, wollten damals Die Physiker von Dürrenmatt spielen und baten Sturm, die Regie zu
übernehmen. Der Deutschlehrer, der während seines Studiums Einblicke in die Arbeit am Trierer Theater
erhalten hatte, sagte gerne zu. Somit wurde die Theater-AG gegründet und seitdem ließ Sturm die
Theaterarbeit nicht mehr los.
Auswahl der Stücke – Theater als Botschaft
In 25 Jahren hat die Theater-AG unter seiner Regie mit großem Erfolg 39 Stücke zur Aufführung
gebracht, teilweise bis zu drei in einem Schuljahr. Die Bandbreite reichte von Boulevardkomödien bis hin
zu Tragödien und dabei machte die Theater-AG auch vor großen Namen nicht Halt. Klassiker von
Dürrenmatt, Büchner und Frisch wurden ebenso gespielt wie ein Drama von Euripides oder moderne
Stücke.
Die Stücke wählte Sturm gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern aus, wobei er immer Wert auf
einen zeitpolitischen Bezug legte. Theater, so Sturm, sollte nicht um seiner selbst willen gespielt werden,
sondern immer auch eine Botschaft transportieren.
Anfangsschwierigkeiten und Überwindung von Hürden
Nicht ganz einfach gestalteten sich die Anfänge, denn es fehlte naturgemäß jegliches Equipment. Die
Theater-AG musste mit einfachsten Mitteln auskommen, die Schüler erwiesen sich jedoch als äußerst
kreativ und einige Schüler, darunter der mittlerweile bekannte Filmmusiker Klaus Badelt, bauten sogar
gemeinsam mit ihrem Physiklehrer C. Theuerkauf selbst ein Lichtpult. Vier Scheinwerfer wurden für die
Aufführung ausgeliehen und wenn man die Musik nicht vom Band spielen konnte, musste Livemusik her.
So trat z. B. beim Besuch der alten Dame ein eigens zusammengestellter kleiner Begrüßungschor auf
und für ein Rockmusical schrieben die Schüler sogar die Musikstücke selbst.
Manches Bühnenbild wurde anfänglich vom Hausmeister kritisch beäugt, weil Tonnen von Sand,
Pflastersteine oder säckeweise Laub im Ganztagsbereich der Schule nicht unbedingt gerne gesehen
werden, und auch sonst waren mitunter vor der Umsetzung einige Hürden zu nehmen. Für das Stück
Hexenjagd gab es keine Aufführungsrechte für Laientheater, Sturm konnte jedoch für das Rhein-
Gymnasium eine Ausnahmegenehmigung erwirken.
Erfolge und besondere Aufführungen
Manche Aufführungen stießen auf so großes Interesse, dass die Theater-AG mehrfach zum Landes-
Schülertheatertreffen eingeladen wurde und einige Gastspiele gab, u. a. 1984 in Daun und 1989 auf dem
Calvarienberg in Ahrweiler.
Für das 1998 aufgeführte Drama Andorra von Max Frisch wurden aufgrund der großen Nachfrage
kurzfristig Zusatzaufführungen organisiert. Der damalige Hauptdarsteller Alexander Riemenschneider
arbeitet inzwischen sehr erfolgreich als Regisseur an diversen renommierten Schaupielhäusern. Die
Interpretation der Antigone von Anouilh wurde so kontrovers gesehen, dass im Anschluss an die
Aufführungen Diskussionsrunden angeboten wurden, an denen jeweils einige Dutzend Zuschauer
teilnahmen.
Aber nicht nur ernste Themen wurden behandelt, auch der Spaß kam nicht zu kurz. Immer wieder
standen Komödien, besonders von Marc Camoletti (u. a. Boeing-Boeing) auf dem Programm, deren
Gags von den Schülerinnen und Schüler so pointiert umgesetzt wurden, dass Lacher garantiert waren.
Besondere Highlights waren Open-Air-Aufführungen, von denen es einige gab. 1982 wurde der
Ahornbaum auf dem Hügel des Schulhofs zur Kulisse für Warten auf Godot und die Stadt ermöglichte
der Theater-AG zwei Aufführungen an zentralen Plätzen in Sinzig. Dem damaligen Bürgermeister
Norbert Hesch war es ein Anliegen, die Schulen so gut wie möglich zu unterstützen, und dazu gehörte
für ihn auch, der Theater-AG diese öffentlichen Plätze zur Verfügung zu stellen. So wurde 1991 in
Zusammenarbeit mit der Aktivgemeinschaft Sinzig auf dem Kirchplatz Das Jahrmarktsfest zu
Plundersweilern aufgeführt und 2001 spielte Büchners Leonce und Lena vor prächtiger Kulisse im
Sinziger Schlosspark. Um dies möglich zu machen, hatte die Stadt Sinzig sogar eigens eine
Versicherung abgeschlossen, da die Aufführung eine nicht alltägliche Nutzung des Parks darstellte.
Herausforderungen für den Regisseur
Viel Einfühlungsvermögen war bei der Rollenbesetzung und bei den Proben gefragt. Hier galt es, Talente
richtig einzuschätzen und mit viel Fingerspitzengefühl Schülerinnen und Schüler den Zugang zu den
Stücken zu erschließen, ihnen zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entdecken und auszubauen. Immer wieder
mussten auch Schülerinnen und Schüler kurz vor der Premiere ermutigt werden, an sich und ihr Können
zu glauben. Herausforderungen, die Sturm mit Bravour meisterte. Mancher kam zum Theaterspielen
gerne auch nach dem Abitur ans RGS zurück, so dass sogar zwei Stücke mit Ehemaligen aufgeführt
wurden.
Mit unermüdlichem Einsatz, kreativen Ideen und Fachkompetenz gelang es Manfred Sturm, mit seinen
Schülerinnen und Schülern anspruchsvollste Stücke in oft professioneller Qualität auf die Bühne zu
bringen und ein breites Publikum zu begeistern.
2007 fand mit Schroffenstein-Paranoia nach Heinrich von Kleist die letzte Aufführung der Großen
Theater-AG statt und Sturm beendete damit seine Tätigkeit als Regisseur. Als Gründe für die
Beendigung nennt er einen fehlenden Nachfolger aber auch die veränderte Schullandschaft, die durch
Notendruck und vorgezogenes Abitur zu seinem Bedauern gerade den älteren Schülern oftmals nicht
mehr viel Raum für zeitintensives Engagement in AGs und Vereinen lässt.
Esther Geron
Übersicht über die Aufführungen der Großen Theater-AG (1982 – 2007)
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